Quelle: Dr. med. Mabuse 125, www.mabuse-verlag.de
Männerheilkunde – Der Weg zum Mann?! Interview mit Haydar Karatepe über die Notwendigkeit einer Männerheilkunde, die nicht nur organmedizinisch arbeitet, sondern auch die psychische Konstitution der Männer und die Auswirkungen der Männerrolle auf Gesundheit und Krankheit miteinbezieht.
Interview: Anja Uhling und Hermann Löffler
Mabuse: Sie sind Facharzt für Allgemeinmedizin und bieten in diesem Rahmen auch Sprechstunden für Sexualmedizin und Männerheilkunde an. Was ist eigentlich Männerheilkunde? Haydar Karatepe: Es gibt keine Männerheilkunde im offiziellen Sinn. Seit über hundert Jahren ist zwar eine Frauenheilkunde etabliert, aber die hat sich auch aus der Geburtshilfe entwickelt. Für Männerheilkunde hat es anscheinend bisher keinen Bedarf gegeben – obwohl es spezifische Erkrankungen gibt, die bei Männern vorkommen und als solche behandlungsbedürftig sind. Sind diese Unterschiede zwischen Männer- und Frauenerkrankungen vor allem organisch bedingt? Dadurch, daß das Arbeitsfeld „Männerheilkunde“ noch nicht klar umrissen ist, versteht jeder etwas anderes darunter. Die Urologen etwas anderes als die Allgemeinmediziner, die Internisten wiederum etwas anderes als die Endokrinologen. Meiner Meinung nach umfaßt die Männerheilkunde das Organischmedizinische, das Psychische sowie das soziale Umfeld bzw. die Männerrolle, aus der dann Erkrankungen resultieren können. Aus all diesen Bereichen sind Erkrankungen ableitbar, die spezifisch oder in höherem Maße bei Männern vorkommen. Welche sind das? Wenn man zum Beispiel nur das organische Feld betrachtet, sind Erkrankungen im kardiovaskulären, also im Bereich der Herzkranzgefäße, und im Bereich des cerebrovaskulären, also im Bereich der Gehirngefäße, bei Männern häufiger – das heißt, sie erleiden mehr Herzinfarkte und Schlaganfälle. Sie haben insgesamt vermehrt arterielle Durchblutungsstörungen. Die Ursache dafür ist zunächst einmal sicher ein erhöhter Spiegel des männlichen Sexualhormons Testosteron, das eine stärkere Arteriosklerose (Verkalkung der Arterien) bewirkt, während das Östrogen bei den Frauen eine Schutzwirkung auf die Gefäße hat. Das ändert sich dann nach der Menopause, wenn der Östrogenspiegel absinkt. Der Testosteronspiegel ist aber nur ein einzelnes Element, und es greifen sowohl das Organische als auch die anderen Risikofaktoren, die zum Herzinfarkt führen, wie zum Beispiel erhöhter Streß, ineinander. Es ist Unsinn, auseinanderdividieren zu wollen, welches dann das auslösende Element für einen Herzinfarkt ist, und monokausal zu behandeln. Man muß, wenn man Männerheilkunde betreibt, alle drei Elemente, das organische, das psychische und das soziologische, immer miteinbeziehen und sehen, wo eigentlich die Quellen der Erkrankung sind und insbesondere wo die Gesundungsressourcen liegen. Wenn man nur in einem System arbeitet, arbeitet man unzulänglich und insuffizient. Dazu paßt das Ergebnis einer neuen Studie, die herausgefunden hat, daß sexuelle Inaktivität das Risiko für Sexualstörungen bei mittelalten Männern um 50 Prozent ansteigen läßt. Das Motto „use it or lose ist“ gilt also nicht nur für Muskeln und Gehirn. Das zeigt wieder: Wenn man die Gesundheit aufrechterhalten will, muß man die verschiedenen Systeme betrachten und behandeln. Mein Verständnis von Männerheilkunde ist ganzheitlich, indem es alle drei Felder gleichermaßen miteinbezieht. Ist es Ihrer Ansicht nach sinnvoll, daß sich ein Facharzt für Männerheilkunde etabliert, oder ist zu fordern, daß Allgemeinärzte und Urologen sich den Ansatz einer Männerheilkunde zu eigen machen? Im wissenschaftlichen Bereich muß es eine Disziplin Männerheilkunde geben, um Grundlagenforschung zu betreiben und das entsprechende Datenmaterial zu liefern. Aber im praktischen Bereich kann ich mir vorstellen, daß die einzelnen Fachbereiche im Sinne der Männerheilkunde weitergebildet werden. Und das liegt im argen? Das ist bislang überhaupt noch kein Thema gewesen. . weil Urologen und Allgemeinmediziner dazu sagen würden, daß sie das abdecken. Ja, aber das trifft nicht ganz zu, weil man schon einen spezifischen Blickwinkel haben muß. Die Urologen dürften nicht meinen, „wir decken das ab, weil wir Sexualhormone und Viagra geben“, und damit ist die Männerheilkunde eigentlich abgehakt. Wie gefährlich das sein kann, sieht man an den Viagra-Todesfällen, wo das Medikament ohne vorherige kardiologische Kontrolle verschrieben wurde. Und die Allgemeinmediziner können nicht die Meinung vertreten, „weil wir Männer behandeln, decken wir die Männerheilkunde ab“. Bis vor kurzem war Männerheilkunde überhaupt kein Begriff. In letzter Zeit kommt im Zusammenhang mit dem Mann im höheren Alter die Substitution von Testosteron in die Diskussion und da fühlen sich dann die Urologen und die Endokrinologen berufen, das als Männerheilkunde zu deklarieren. Aber solange die anderen Parameter nicht mitbetrachtet werden, bleibt das meiner Ansicht nach Stückwerk und ohne Basis. Sollte denn die Urologie in der Männerheilkunde aufgehen? Nein, die Urologen sind in erster Linie Organmediziner. Etwas anderes ist auch nicht primärer Inhalt ihrer Ausbildung. Psychosomatische Fragestellungen scheinen auch in den letzten Jahren keinen größeren Einzug gehalten zu haben. Die Männerheilkunde hat als ein Element die Urologie, jedoch auch andere wie die Endokrinologie, die Innere Medizin, die Kardiologie, die psychosomatische Medizin und die Sozialmedizin. Die Urologen sind wie alle anderen Fachärzte auch dafür da, spezifische Fragen abzuklären. Ich sehe mich als Koordinierungsstelle, bei mir laufen die Befunde der Fachärzte zusammen, die ich zu meiner männerheilkundlichen Diagnostik und Behandlung brauche, und ich bespreche dann mit den Männern das weitere Verfahren und versuche ihnen einen Weg durch das Gesundheitssystem aufzuzeigen. Was sind denn über die Erkrankungen hinaus, die Sie eben schon genannt haben, weitere Krankheiten, an denen verstärkt Männer leiden? Natürlich Erkrankungen, die nur bei Männern vorkommen können, wie zum Beispiel Prostata- und Hoden-Erkrankungen, aber auch Herzkrankheiten, Schlaganfälle und bestimmte Krebsarten wie Lungen- und Magenkrebs. Magenkrebs steht zum Teil im Zusammenhang mit Rauchen und Magengeschwüren. Lungenkrebs bekommen mehr Männer, weil sie immer noch mehr rauchen, obwohl Frauen da im negativen Sinne „aufholen“. Auch Leberzirrhose ist bei Männern wesentlich häufiger anzutreffen als bei Frauen, ebenso HIV-Infektionen und Geschlechtskrankheiten. Nicht rational nachvollziehbar ist z.B. die Tatsache, daß Männer bei Prostituierten häufig darauf bestehen, daß kein Kondom zum Einsatz kommt. Im psychischen Bereich gibt es mehr „erfolgreiche“ Suizide bei den Männern, während es bei Frauen mehr Suizid-Versuche gibt. Ob Männer grundsätzlich in einem höheren Maße an Depressionen leiden oder ob ihre psychische Konstitution dazu führt, daß sie in einer Streßsituation eher mit einem Bilanzierungs-Suizid reagieren, ist eine Frage, die erst noch wissenschaftlich beantwortet werden muß. Bei Männern gibt es auch wesentlich mehr Suchterkrankungen, harte illegale Drogen wie auch Alkohol, was natürlich auch wieder mit der Häufigkeit von Leberzirrhosen zu tun hat. Welche psychische Konstitution bei Männern zur Sucht führt, müßte ebenfalls erst noch wissenschaftlich untersucht werden.
Auch die soziologische Dimension, die Männerrolle, muß betrachtet werden, denn auch sie bringteine erhöhte Erkrankungshäufigkeit in verschiedenen Feldern mit sich. Zum Beispiel sind Unfällebei Männern durch die erhöhte Riskofreudigkeit und Selbstüberschätzung viel häufiger – hier istauch zu fragen, wie es dazu kommt. Auch bei Alkohol spielt das eine Rolle, wenn es um die„Trinkfestigkeit“ geht. Auch die Gewaltbereitschaft ist bei Männern sehr viel höher: körperliche Auseinandersetzungenmit entsprechenden Verletzungsfolgen sind unter Männern wesentlich häufiger. Dazu kommt, daß ein intimes soziales Netzwerk unter Männern fehlt; enge, wirklich ehrlicheMännerfreundschaften, in denen man zueinandersteht, scheinen sich aus der westlichenMännerrolle nicht ableiten zu können, während das bei Frauen hierzulande sehr viel häufiger derFall ist. Es greifen also immer sehr viele Elemente ineinander: Erhöhter Blutfettspiegel,Durchblutungsstörungen, Süchte, Risikofreudigkeit, Streß . Man braucht schon einenspezifischen männerheilkundlichen Blickwinkel zur Differentialdiagnose. Insbesondere ist einoffenes, annehmendes und verständnisvolles Eingehen auf den Mann nötig, weil es ihm leider garnicht leicht fällt, über viele Beschwerden offen zu sprechen. Es müssen oft in diesen Fällen nebenMedikamenten auch andere therapeutische Optionen zur Sprache kommen. Man kann einemMann keinen Freund verschreiben. Oft müssen nur leichte Veränderungen stattfinden, damit mannicht nur die Ursache der Erkrankung herausfindet, sondern im Sinne einer Salutogenese auch dieGesundungsressourcen zum Einsatz bringen kann – ob man Medikamente verschreibt,Männergruppen organisiert oder Massagen anbietet, ist dem eigenen Ermessen überlassen,Hautpsache ist, daß die tiefe Vereinsamung der Männer aufhört. Wie bringen Sie diese Fragestellung in Ihrer allgemeinärztlichen Sprechstunde ein? Ich bin in meiner Praxis spezialisiert auf Sexualmedizin und Männerheilkunde; Sexualstörungen hängen aber oft zusammen mit Erkrankungen, die bei Männern gehäuft vorkommen – zum Beispiel koronare Herzerkrankungen, Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck –, und deshalb kann man diese Themenbereiche über die Sexualstörung sehr gut aufrollen. In der sexualbiographischen Anamnese frage ich alle drei Felder gleichzeitig ab: organmedizinische Erkrankungen, das psychische Umfeld – in bezug auf die Sexualität die Psychodynamik der Partnerbeziehung und die individuelle psychosexuelle Entwicklung – und als drittes das psychosoziale Umfeld, also Freundeskreis, Arbeitsplatz. Nach so einer mehrschichtigen Diagnose kann man dann einen Therapieplan erstellen. Sind die Patienten für solche Zusammenhänge offen? Viele Patienten sind dem nicht unbedingt zugeneigt und wünschen eher eine rein symptomatische Behandlung. Manche Erkrankungen, die mit der Männerrolle zu tun haben, können so lange Zeit verschleppt werden. Ein weiteres Problem ist, daß es zu einem Nacheinander dieser Untersuchungen kommt, die sich für die Patienten über Jahre hinziehen können: erst die organische Abklärung, dann nach längerer Zeit Psychotherapie, und dann wird nach ein paar Jahren Psychotherapie vielleicht, wenn überhaupt, das soziale Umfeld und die Männerrolle thematisiert – wenn das nicht im Rahmen einer Männerheilkunde gleichzeitig betrachtet und parallel etwas unternommen wird, läuft man Gefahr, daß der Patient zwischen den einzelnen Disziplinen nur hin- und hergeschoben wird, ohne daß wirksame Hilfe geleistet werden kann. Wer kommt zu Ihnen? Da es eine allgemeinmedizinische Praxis ist, kommen selbstverständlich auch Männer mit einer einfachen Grippe oder mit Rückenschmerzen zu mir. Ich will und kann auch nicht bei jedem Mann sagen, daß seine Rückenschmerzen etwas mit seinem Verständnis von seiner Männerrolle zu tun haben könnten. Aber bei Sexualstörungen ist dieser Zusammenhang meines Erachtens eindeutig. Ich kann dann dem Patienten bei entsprechendem Bedarf das Angebot machen, das Ganze weitfassender zu sehen oder es nur symptomatisch zu behandeln – der Patient hat die Wahl, aber ich möchte ihn dazu mündig machen, diese Wahl zwischen den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten auch zu treffen. Sie bieten auch gesonderte Sprechstunden für Männer an. Mit welchen Problemen kommen die Männer zu Ihnen? Sie kommen wegen Sexualstörungen – Erektionsstörungen, Ejakulationsstörungen, Libidostörungen –, wegen Partnerschaftskonflikten, unerfülltem Kinderwunsch. Kommen diese Männer aus bestimmten Schichten und Altersgruppen? Nein, das ist schichtenübergreifend wie auch altersunabhängig. Allerdings haben jüngere Männer sehr oft schon eine größere Sensibilität für die eben beschriebenen Zusammenhänge. Wie ist das mit Migranten? Wichtig vor allem bei männlichen Migranten ist die Auseinandersetzung mit ihrer Männerrolle, weil sie in der deutschen Gesellschaft einen ganz anderen Status haben, als sie es aus ihren türkischen Familienzusammenhängen kennen. Dazu kommt der psychosoziale Streß, der damit verbunden ist, daß sie von dieser Gesellschaft als Migranten nicht angenommen werden und immer um Anerkennung kämpfen müssen. Männer haben laut verschiedener Untersuchungen, auch Walter Hollstein und Bruno Braun beschreiben das in diesem Heft, meist Schwierigkeiten, sich gesundheitliche Probleme einzugestehen und Hilfe zu suchen. Können Sie das bestätigen? Männer handeln oft nur bei Bedarf, das heißt sehr oft erst dann, wenn es nicht mehr anders geht. Frauen betreiben häufig mehr Vorsorge, sind eher bereit, etwas aufrechtzuerhalten, als es verkommen zu lassen. Männer sind weniger „wartungsfreudig“, egal, bei was . . nur beim Auto ist es andersrum . Das stimmt! Aber sonst betreiben Männer bei ihrer Gesundheit wie in vielen anderen Bereichen des Lebens keine „Systempflege“, sondern eher Raubbau. Was kann man tun, um das zu verändern? Wenn man schon weiß, daß Männer sich nicht freiwillig mit Gesundheitsfragen beschäftigen – daß sie nicht zum Arzt gehen, keine Krebsfrüherkennung machen –, warum ist man dann nicht bereit, diese Themen im wahrsten Sinne des Wortes an den Mann zu bringen, ihm auf halbem Wege entgegenzukommen? Männer verbringen einen Großteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz. Warum bringt man die Gesundheitsdienste nicht an den Arbeitsplatz? Männer haben immer einen Nachteil davon, wenn sie sich um ihre Gesundheit kümmern, weil sie aus ihrem Arbeitsprozeß immer temporär ausscheiden. Es wäre doch denkbar, daß man Fortbildungen gesundheitlicher Art ganz selbstverständlich in den Arbeitsprozeß integriert. Der Betriebsarzt ist momentan nur dafür zuständig, im Betrieb die Arbeitssicherheit zu wahren. Notwendig wäre aber auch, Vorsorgeuntersuchungen für Männer im Betrieb anzubieten, Ärzte in den Betrieb einzuladen, die über Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Magengeschwüre und die Risikofaktoren sprechen. Wir machen das doch auch in anderen Bereichen der Gesellschaft, zum Beispiel der Sozialarbeit: Wenn wir sehen, daß unsere Klientel nicht zu uns kommt und das Angebot nicht wahrnimmt, dann kommen wir auch denen entgegen. In Australien gibt es längst sehr gute Erfahrungen damit. Es wäre sicher nicht mit großen Kosten verbunden, jedes halbe Jahr Ärzte in den Betrieb einzuladen. Man sitzt sonst oft in Meetings, das könnte ja auch mal ein Gesundheits-Meeting sein. Zur Zeit ist es leider meist noch so, daß die Führungskräfte mit schlechtem Beispiel vorangehen und nicht gerade ein Klima von gesundheitsbewußtem Umgang mit sich selbst und mit den Mitarbeitern verbreiten. Eine Sensibilisierung in dieser Hinsicht wäre schon ein Riesenerfolg. Gesundheitsbewußtsein müßte sicher schon früher erlernt werden, zum Beispiel in der Schule. Ja, wir haben Kontakt mit Frankfurter Schulen, die regelmäßig Schüler im Rahmen des Sexualkundeunterrichts zu uns in die Praxis schicken. Wir zeigen ihnen den Umgang mit dem Stethoskop, führen vor, wie man Herz und Lunge abhört, erzählen, welche Sexualstörungen es geben kann. Im Rahmen des Biologieunterrichts könnte man auch die Gesundheitskunde
einbringen – dies wäre eventuell günstiger und effektiver, als Hochglanzbroschüren übers ganzeLand zu verteilen. Das sind bisher aber leider Einzelinitiativen von den Sozialarbeitern, die anSchulen tätig sind. Glauben Sie, daß es eine „Männergesundheitsbewegung“ gibt oder geben sollte? Wie sieht sie aus bzw. könnte sie aussehen? Parallel zur Frauenbewegung hat sich ja auch eine Männerbewegung gebildet, die sich immer mehr professionalisiert, die aber erst noch den gesellschaftlichen Rang bekommen muß, den sie verdient hat. Die Männerbewegung beschäftigt sich vor allem mit der Männerrolle und dem sozialen Umfeld. Eine Männergesundheitsbewegung gibt es nicht. Im medizinischen Bereich gibt es nur eine Handvoll Männer, die in der Männerbewegung sind und die medizinischen Probleme bearbeiten. Inwiefern müßte sich die Männerbewegung weiter professionalisieren? Für schwule Männer zum Beispiel scheint das Angebot doch recht groß und professionell. Die Männerbewegung hat mit der Schwulenbewegung sehr wenig zu tun. Schwule Männer sind in ihren Beratungsstellen sehr gut aufgehoben, während heterosexuelle Männer kaum Anlaufstellen haben. Die Männerzentren für heterosexuelle Männer haben sich relativ schnell auf bestimmte Themen reduziert. Das Männerzentrum in Frankfurt am Main beschäftigt sich zum Beispiel vor allem mit dem Thema gewalttätige Männer, ebenso das Hamburger Zentrum. Die Göttinger machen therapeutische Ansätze, während die Kölner mehr im Bereich der Analyse und Veröffentlichungen tätig werden. Die Berliner „Mannege“ machen in Zusammenarbeit mit der Universität eher wissenschaftliche Forschung. Das heißt, Männerzentren sind immer mehr nur auf einen kleinen Bereich spezialisiert, und deswegen gibt es die Dachorganisation „Pfefferprinz“, die all diese Männerzentren unter einen Hut zu bringen und die Kompetenzen zu bündeln versucht, was aber sehr schwierig ist. Es wäre phantastisch, wenn das tatsächlich eine größere politische Bewegung nach sich ziehen würde. Die Grünen sind übrigens die einzige Partei, die an diesen Entwicklungen Interesse zeigt. Es gibt einmal im Jahr ein Männertreffen, wo die nationalen Männerzentren vertreten sind und auch interessierte Einzelpersonen kommen. Aber es wäre sehr wichtig, diese Aktivitäten stärker zu bündeln und eine einheitliche Männerbewegung zu sein. Vielleicht wirkt sich das in letzter Zeit verstärkte Interesse an dem Thema Männergesundheit ja auch auf die Männerbewegung positiv aus – wobei auch das Thema Männergesundheit erst noch viel stärker wahrgenommen werden muß, an den Universitäten in der Grundlagenforschung und bei allen Ärztegruppen, wo diese Erkenntnisse implementiert werden müßten. Bisher haben Frauen im Gesundheitswesen zurecht kritisiert, daß die geschlechtsspezifische Perspektive zu kurz kommt. In der medizinischen Forschung werde der Mann zum Maßstab gemacht, die Forschung auf ihn ausgerichtet und die Frau als Abweichung wahrgenommen bzw. nicht erforscht. Nach unserem Gespräch scheint mir der Mangel an Sensibilität für geschlechtsspezifische Fragen aber die Männer genauso zu betreffen, so daß sie mit ihren speziellen Voraussetzungen und Bedürfnissen in der „normalen“ Betrachtung auch nicht vorkommen. Ja, unser Medizinsystem ist stark organmedizinisch orientiert, verliert aber dann im Detail den Gesamtüberblick im Zusammenhang mit dem Patienten. Das wäre primäre Aufgabe des Allgemeinarztes, diese Perspektive einzuführen. Von einem Facharzt kann man das nicht erwarten; dafür wäre eben ein Arzt für Männerheilkunde nötig, der die entsprechenden Qualifikationen aufweist. Kontaktadresse Haydar Karatepe, Facharzt für Allgemeinmedizin, Praxis für Sexualmedizin und Männerheilkunde Glauburgstrasse 64, 60318 Frankfurt am Main Tel. +49-69-9551390, Fax +49-69-95513930, E-Mail praxis@karatepe.de, http://www.karatepe.de
The new england journal of medicinePaul G. Richardson, M.D., Bart Barlogie, M.D., Ph.D., James Berenson, M.D., Seema Singhal, M.D., Sundar Jagannath, M.D., David Irwin, M.D., S. Vincent Rajkumar, M.D., Gordan Srkalovic, M.D., Melissa Alsina, M.D., Raymond Alexanian, M.D., David Siegel, M.D., Robert Z. Orlowski, M.D., David Kuter, M.D., Ph.D., Steven A. Limentani, M.D., Stephanie Lee, M.D
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