Grippeerkrankung durch neuen Influenzatyp Begriff „Schweinegrippe“ ist irreführend Aktuelle Informationen zur Grippeerkrankung beim Menschen aus dem Robert-Koch- Institut und dem Freidrich Loeffler-Institut. Quelle: http://www.fli.bund.de
Infektionen hängen nach Informationen der betrof-
fenen Länder nicht unmittelbar mit dem Kontakt zu
Influenza in Mexiko und den USA
infizierten Schweinen zusammen. Die Weltge-
sundheitsorganisation WHO gab bekannt, dass es
Ende April meldeten Mexiko und die USA auffällige
sich um ein neues Influenza A H1N1 Virus handelt,
Grippeerkrankungen bei Menschen, in deren Folge
es in Mexiko auch zu Todesfällen kam. Es wurde
Schwein festgestellt wurde. Das Virus kann be-
eine Infektion mit Influenza A Virus vom Subtyp
reits vor einiger Zeit auf den Menschen über-
H1N1 festgestellt, das Ähnlichkeiten mit bei
gegangen sein und sich dann so verändert
Schweinen vorkommenden Influenzaviren auf-
haben, dass es von Mensch zu Mensch über-
weist. Weitere Analysen des Virus ergaben, dass
tragen werden kann.
es sich jedoch um einen neuen Erreger handelt,
Informationen zu Humaninfektionen sind beim Ro-
der bei Schweinen noch nie festgestellt wurde.
Vielmehr weist das Virusgenom Teile der Erbin-
formation von Influenzaviren des Typs A vom
Verbreitung
Schwein, vom Menschen und auch von Vögeln
Schweine-Influenza ist weltweit verbreitet. Influen-
auf. Dass Schweine als „Mischgefäß“ verschiede-
zaviren des Subtyps A/H1N1 und A/H3N2 kommen
ner Influenzaviren fungieren können, ist bekannt.
endemisch bei Schweinen in den USA vor. Studien
In diesem Fall handelt es sich also nicht um ei-
zeigten, dass Influenzaviren des Subtyps H1N1
nen Erreger, der direkt vom Schwein auf den
weltweit in Schweinen auftreten und Antikörper
Menschen übertragen wird, sondern um eine
gegen dieses Virus bei 25 Prozent der Tiere nach-
von Mensch zu Mensch übertragene humane
gewiesen werden können. Bei epidemiologischen
Influenzainfektion. Der Begriff „Schweinegrippe“
Untersuchungen in den USA hatten 30 Prozent der
Schweine Antikörper als Zeichen einer früheren
Influenza A/H1N1 Infektion. Im zentralen Norden
Influenza beim Schwein
der USA wurden sogar bei 51 Prozent aller
Die Symptome einer Influenza bei Schweinen kön-
Schweine Antikörper gegen Influenzaviren des
nen plötzliches Einsetzen von Fieber, Depression,
Subtyps A/H1N1 festgestellt. Gegenwärtig gibt es
Husten („Bellen“), Ausfluss aus Nase und/oder
keine Möglichkeit, gegen H1N1 geimpfte Schweine
Augen, Niesen, Atembeschwerden, Augenrötung
von natürlichen infizierten Schweinen zu unter-
oder Entzündung und verringerte oder keine Nah-
scheiden, da in beiden Fällen die gleichen Antikör-
Krankheitsausbrüche bei Schweinen treten haupt-
sächlich in den kälteren Jahreszeiten (Ende Herbst
Influenzaviren des Subtyps A/H1N1 zirkulieren
und Winter) auf. Auch das Einbringen von infizier-
mindestens seit 1930 in Schweinen. Ein weiterer
ten Tieren in nicht geimpfte Bestände führt zu
Subtyp, A/H3N2, wurde 1998 erstmals bei Schwei-
Ausbrüchen. Gegen die Schweineinfluenza wird
nen nachgewiesen. Es wurde ursprünglich durch
Menschen auf Schweine übertragen. Die gegen-
wärtig bei Schweinen vorkommenden Influenzavi-
Übertragung
ren des Subtyps A/H3N2 sind eng mit den huma-
Influenzaviren bei Schweinen werden vor allem
durch engen Kontakt untereinander und mögli-
cherweise auch durch kontaminierte Gegenstände,
Impfung und Behandlung
die mit infizierten Schweinen in Berührung ge-
Für Schweine stehen verschiedene inaktivierte
kommen sind, übertragen. Bei geimpften Tieren
Impfstoffe zur Verfügung. Für Menschen gibt es
kommt es nur sporadisch zu Erkrankungen. Meist
noch keinen Impfstoff, der spezifisch gegen eine
werden bei immunisierten Tieren nur geringe oder
Infektion mit diesen Erregern schützt. Ob nach
Infektion mit beim Menschen zirkulierenden H1N1-
Viren oder nach Impfung mit Impfstoffen, die diese
Humaninfektionen
Viren in abgetöteter Form enthalten, zumindest
Humane Infektionen mit den bei Schweinen vor-
eine teilweise Immunität auch gegen diesen neuen
kommenden Influenzaviren A/H1N1 sind sehr sel-
Erreger erzeugt werden kann, ist derzeit unklar.
ten. Die in Mexiko und den USA aufgetretenen
Klemens Schulz/.G:\Zoonose\Grippeerkrankung durch neuen Influenzatyp.doc
Erstellt: 27.04.2009 15:11:00 / Überarbeitet: 27.04.2009 15:30:00
Erkrankte Schweine können mit Medikamenten
desgesundheitsbehörden über das Geschehen in
gegen auftretende Symptome wie Fieber behan-
Bei früheren Tests waren die sogenannten Neura-
minidasehemmer (antivirale Medikamente gegen
Influenzaviren) bei unterschiedlichen Influenzavi-
rus-Subtypen wirksam. Wirksamkeitsprüfungen der
geben erste Hinweise, dass die Neuraminidase-
Einschätzung des Robert Koch-Instituts zur
hemmer Oseltamivir und Zanamivir derzeit bei dem
Situation der Schweinegrippe
Schweinevirus wirksam sind. Es ist bislang auch
nicht bekannt, ob der saisonale H1N1-Impfstoff
In den USA sind 20 Fälle von Schweine-Influenza
A/H1N1 beim Menschen entdeckt worden: New
Ob sich die Risikoeinschätzung für die Entstehung
York 8 Fälle, Kalifornien 7 Fälle, Texas 2 Fälle,
einer weltweiten Grippewelle, einer Pandemie,
Kansas 2 Fälle, Ohio 1 Fall. Die Symptomatik die-
ändert kann derzeit noch nicht beurteilt werden.
ser Fälle ist ähnlich wie bei saisonaler Influenza;
Influenzapandemien wurden bislang durch einen
ein Patient wurde im Krankenhaus behandelt, aber
neuen Influenzavirus-Subtyp verursacht, der zuvor
alle erholten sich vollständig. In Mexiko sind mehr
gar nicht in der menschlichen Bevölkerung zirku-
als Tausend Fälle von Schweinegrippe bei Men-
liert ist. Aus diesem Grund wäre das Immunsystem
schen in mehreren Bundesstaaten aufgetreten,
nicht vorbereitet und daher auch nicht geschützt.
dort gab es auch eine Reihe von Todesfällen. Me-
Eine Pandemie führt zu einer Erkrankungs- und
dien berichten über Personen, die in Neuseeland,
Sterberate, die übliche, auch schwere, Influenza-
Israel und Europa nach einem Mexikoaufenthalt
Wir befinden uns seit einigen Jahren in der so
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am
genannten WHO-Phase 3, die zur pandemischen
25. April 2009 ein Statement der Generaldirektorin
Warnphase zählt (wie Phase 4 und 5 – siehe auch
Margret Chan veröffentlicht. Darin teilt die WHO
Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Pande-
mit, dass die Situation derzeit gemäß der internati-
onalen Gesundheitsvorschriften als „public health
definiert Phase 3 wie folgt: Menschliche Infekti-
emergency of international concern“ eingeschätzt
on(en) mit einem neuen Subtyp, aber keine Aus-
wird. Dies ist vergleichbar der Situation beim Auf-
breitung von Mensch zu Mensch, oder nur in ex-
trem seltenen Fällen bei engem Kontakt. Phase 4
Mit H und N werden die beiden wichtigsten Eiwei-
ist definiert als Auftreten kleiner Häufungen
ße der Virushülle (Hämagglutinin und Neuramini-
(Cluster) eines neuen Subtyps mit begrenzter
dase) abgekürzt. Im Tierreich existieren unter-
Übertragung von Mensch zu Mensch. Dabei wäre
schiedliche Ausprägungen davon, die „durchnum-
die räumliche Ausbreitung noch sehr begrenzt, so
meriert“ sind. Die in den letzten Jahrzehnten vor-
dass von einer unvollständigen Anpassung des
kommenden und in der Bevölkerung zirkulierenden
Virus an den Menschen ausgegangen werden
Influenzaviren gehören zum Subtyp H1N1 und
H3N2, beides Influenza-A-Viren, oder es sind In-
Bei importierten Fällen gelten die Empfehlungen
fluenza B-Viren. Bei dem Schweinegrippen-Virus
des Robert Koch-Instituts für die Meldung und das
handelt es sich um ein verändertes H1N1-Virus.
Management von Personen mit Veracht auf aviäre
Die Befunde aus den USA sprechen nicht für eine
Influenza (Präventiv- und Bekämpfungsmaßnah-
besonders krankmachende Wirkung, die Fälle aus
men); sie werden derzeit auf das Geschehen der
Die Fälle in den USA hatten keinen bekannten
Auch bezüglich des Schutzes des Medizinperso-
Kontakt mit Schweinen und auch von den Fällen in
nals greifen die bestehenden Empfehlungen des
Mexiko ist kein besonderer Kontakt zu Schweinen
Robert Koch-Instituts und der Kommission für
bekannt geworden ist. Daher ist davon auszuge-
hen, dass das Virus in der Lage ist, sich von
sowie die seit längerem vom Ausschuss für biolo-
Mensch zu Mensch zu übertragen. Derzeit lässt
gische Arbeitsstoffe (BAuA) bekannt gegebenen
sich noch nicht einschätzen, welche Bedeutung
das Geschehen für Deutschland hat. Es ist grund-
Über Influenzaerkrankungen bei Tieren arbeitet
sätzlich nicht auszuschließen, dass einzelne In-
das Friedrich-Loeffler-Institut / Bundesforschungs-
fluenzafälle durch Reisende eingeschleppt werden.
institut für Viruskrankheiten der Tiere (FLI). Die
Mit den diagnostischen Standardverfahren konnte
Einschätzung möglicher Risiken für den Verbrau-
das Virus in den USA nicht nachgewiesen werden.
Das Nationale Referenzzentrum für Influenza am
Bundesinstitut für Risikobewertung vor. Hinweise
Robert Koch-Institut kann dieses Virus aber diag-
auf ein derartiges Risiko gibt es nicht. Mit beiden
nostizieren. Das Robert Koch-Institut hat die Lan-
Einrichtungen arbeitet das Robert Koch-Institut eng zusammen.
Klemens Schulz/.G:\Zoonose\Grippeerkrankung durch neuen Influenzatyp.doc
Erstellt: 27.04.2009 15:11:00 / Überarbeitet: 27.04.2009 15:30:00
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